Wer war Arent Rupe?

1523 wurde Arent Rupe in Dortmund geboren. Er entstammte einer vornehmen und angesehenen Gewandschneiderfamilie, die einen dreiblätterigen Eichbaum im Siegel führte, das im Ornament des Taufsteins zu sehen ist (siehe Bild 1).

Nach Abschluss des theologischen Studiums war Rupe zuerst für kurze Zeit „eingekleideter Priester der Ballei Westfalen des Deutschen Ritterordens". Im Jahre 1549 übernahm er aber bereits die verwaiste Predigerstelle in Brackel. Wie Theodor Bräcker in seinen `Bildern aus der Geschichte Brackels ́ schreibt, wurde er durch Luthers Lieder für das Evangelium gewonnen. Droste nimmt den Gedanken mit Luthers Liedern auf und schreibt: „Das lutherische Lied und die lutherische Predigt hatten auch sein Herz entflammt ...“ Er wirkte nun mit unermüdlichem Eifer für die neue Lehre und führte als erste Neuerung die Verwendung der deutschen Sprache und den Gesang deutscher Kirchenlieder ein und verhalf damit seiner Gemeinde zu einem fröhlichen Gottesdienst.

Schnell wuchs die Zahl der Lutheranhänger, unter denen auch der Hofesschulte und die beiden Dorfvorsteher waren. Aus diesem Grunde wagte der Komtur auch nicht, gegen Rupe und sein Reformationswerk mit der sonst üblichen Strenge vorzugehen.
Als der junge Pastor aber im Jahre 1554 die Messe abschaffte und an ihre Stelle die Feier des Heiligen Abendmahls setzte, suchte Bernhard von Schedelich der weiteren Ausbreitung mit allen Mitteln Einhalt zu gebieten. Nun zeigte sich jedoch, welch starken Rückhalt der Pfarrer an seiner Gemeinde hatte. Der Hofesschulte und die Brackeler Bauern traten unerschrocken für Rupe ein, und an ihrem unbeugsamen Willen zerbrach aller Widerstand der Gegenseite.

Rupes Wirken fand auch in den Nachbargemeinden viel Anklang, besonders in Dortmund, wo der Rat der Stadt eine gemischte Weise des Gottesdienstes durchgesetzt und bestimmt hatte, dass die Weihe und Austeilung des Abendmahls auf lateinisch in der Messe geschehen sollte, auf deutsch jedoch nur nach vollendeter Messe. „Um nicht gezwungen zu sein, die katholische Messe mitanhören zu müssen, weigerten sich die Bürger, in Dortmund zu kommunizieren und zogen jahrelang zum evangelischen Pastor nach Brackel". - So war Rupe „thätigster Beförderer der Reformation".
Reimann datiert den Beginn der Reformation auf das Jahr 1554 und schreibt: „Die Quellen wollen wissen, dass die deutschen Lieder Martin Luthers ihn dazu bewegt hätten..."

Die Bestrebungen Arent Rupes gingen jedoch weiter. Schon bald wurde es seinen Ordensoberen deutlich, dass er darauf zielte, seine Gemeinde dem Augsburger Bekenntnis anzuschließen. Der Landkomptur Dietrich von Heiden trat Rupes reformatorischen Bestrebungen im Jahre 1560 entgegen und versuchte mit Hilfe des Herzogs von Kleve, der zur gleichen Zeit, wie oben erwähnt wurde, die volle Territorialhoheit über Brackel erlangt hatte, gegen Rupe einzuschreiten. In seiner Klage führte er u.a. an, der Brackeler Pfarrer habe bei einer Prozession um die Kirche statt des heiligen Sakraments ein Blümlein herumgetragen. Doch der Herzog von Kleve war selbst reformatorischen Bestrebungen nicht abgeneigt und sah sich daher nicht veranlaßt, einzuschreiten.

Es sprach sich bald in der ganzen Umgebung herum, dass in Brackel lutherischer Gottesdienst gehalten wurde. Insbesondere zahlreiche Dortmunder Bürger, denen der Rat einen Gottesdienst nach der neuen Lehre nicht gestatten wollte, nutzten die Gelegenheit, um in Scharen - die Quellen sprechen von 60 - 70 Bürgern pro Sonntag - nach Brackel in die Kirche zu gehen.

Zwischen der Gemeinde und ihrem Pastor bestand eine lebendige Wechselwirkung. Fast 60 Jahre hindurch hat er ihr seine Kräfte u. Gaben geschenkt, besonders eifrig war er um die Ausgestaltung des Gotteshauses bemüht. Er lies den alten Taufstein wiederherstellen (1605 ließ Rupe den romanischen Taufstein überarbeiten, mit Reliefschmuck und seinem Wappen verzieren), die kleine Kirchenglocke umgießen und sorgte für die Beseitigung schadhafter Stellen im Mauerwerk und am Turm. Von Rupes Ansehen und seiner Beliebtheit bei den Brackeler Bauern zeugt seine vielfache Erwähnung als Zeuge bei Hochzeiten und Taufen, bei Verträgen und Kaufabschlüssen, zeugt vor allem der alte Abendmahlskelch, den die Gemeinde 1594 ihrem Pfarrer zum Geschenk machte (siehe Bild 2).

30 Jahre nachdem Rupe mit der Einführung des Abendmahls in beiderlei Gestalt diesen starken reformatorischen Akzent gesetzt hatte und noch bevor das 17. Jh, das Zeitalter der Glaubenskämpfe, begann, wurde Brackel schon in Auseinandersetzungen, die Glaubensfragen mit militärischen Mitteln lösen sollten, aufs schmerzlichste hineingezogen.
Als der Kölner Erzbischof Gebhard Truchseß von Waldburg 1583 zum Protestantismus übertrat, sich verheiratete und somit das ganze Erzstift protestantisch zu werden drohte, wurde er abgesetzt und an seiner Stelle der Bayer Ernst v. Wittelsbach zum neuen Erzbischof bestellt. Da Gebhard Truchseß nicht freiwillig weichen wollte, kamen dem neuen Erzbischof spanische und bayerische Truppen zu Hilfe. Fünf Jahre lang wütete daraufhin am Niederrhein und in Westfalen der sog. Kölnische Krieg. Wie der Dortmunder Chronist Beurhaus berichtet, rückten am 25. April 1584 700 bayerische Reiter und Fußsoldaten vom Vest Recklinghausen aus, wo sie  sich verschanzt hatten, in den Dortmunder Raum vor und drangen nach Brackel ein. Hier sollen sie 27 Personen ermordet und weitere 50 schwer verletzt haben. Sodann plünderten sie das Dorf, setzten es in Brand und schleppten alles weg, was sie mitnehmen konnten. Weshalb es die Soldaten ausgerechnet auf Brackel abgesehen hatten, wo auch sonst in der ganzen Umgebung die meisten Dörfer inzwischen evangelisch geworden waren, ist nicht überliefert.

Rupe und der Hofschulte überlebten das Gemetzel und verstanden es den Einfluss des Komturs auf die Kirche ganz auszuschalten, indem sie ihm das Recht zur Besetzung der Pfarrstelle entzogen und ihm nur noch das Recht überließen, die Wahl zu bestätigen (die Patronatsrechte der Kommende über die Kirche bestanden bis zum Ende des 18. Jhs , zum letzten Mal wurde 1779 nach der Wahl eines Pfarrers die Bestätigung dieser Wahl beim Komtur eingeholt). 1646 war die Kirche bereits von Staats wegen der evangelischen Kirchengemeinde übereignet worden.

Wie viele andere Priester, die Luthers Lehre folgten, hat auch Rupe geheiratet. Aus seiner Ehe mit Klara Rupe gingen mehrere Kinder hervor, von denen nur sein Sohn Milas namentlich bekannt ist. Er unterstützte den kränklichen Vater im hohen Alter des Öfteren in der Seelsorge.

Arent Rupe starb hochbetagt im Alter von 85 Jahren nach 59 Jahren segensreicher Tätigkeit. Die Annalen von Dortmund schreiben das Datum seines Todes, am 7. April 1608, mit dem Vermerk: „So der Augspurgischen Confession erster Anfänger zu Dortmund gewesen".
Die sterblichen Überreste des ersten evangelischen Pastors wurden im Chorraum vor dem Altar beigesetzt, wo eine schwere Steinplatte bis zur Wiederinstandsetzung des Gotteshauses im Jahre 1892 sein Grab deckte.

Text: Manfred W. Schwarz

Foto Arent-Rupe-Kelch: Schaper